Skip to main content

Besonderes Augenmerk ist bei der Beladung bzw. der betriebssicheren Verladung durch den Frachtführer bzw. Fahrer geboten. Nicht nur auf die Gesamtgewichte ist zu achten, sondern auch auf die einzelnen höchstzulässigen Achslasten gem. § 34 StVO

Der 2. Senat für Bußgeldsachen des OLG Düsseldorf hat am 27.06.2022 (Aktenzeichen: IV-2 RBs 85/22, 2 RBs 85/22) im Rechtsbeschwerdeverfahren gegen eine Bußgeldentscheidung des Amtsgerichtes (121 €) wegen fahrlässigen Führens einer Fahrzeugkombination, obwohl die zulässige Achslast um 12,39 % überschritten war, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen und entschieden:

1Für den Fahrlässigkeitsvorwurf bei einer Überladung kommt es nicht darauf an, ob der Fahrzeugführer die Überladung erkennen konnte, sondern darauf, ob er sie hätte vermeiden können.


2. Wird das zulässige Gesamtgewicht durch die Ladung nahezu erreicht, besteht keine Gewähr dafür, dass auch die zulässigen Achslasten, bei einem Sattelzug insbesondere die für die Antriebsachse zulässige Achslast, eingehalten werden.

Ohne Überprüfung mit einer Achslastwaage oder einem bord-eigenen Wiegesystem muss der Fahrzeugführer die Ladung so weit verringern, bis er sich hinsichtlich der Einhaltung der zulässigen Achslasten auf der sicheren Seite befindet.

 In diesem Fall verfügte der Sattelzug nicht über ein bordeigenes Wiegesystem.

 

Das OLG führt insoweit aus, dass

„der Betroffene sich daher bei der Übernahme des Sattelzuges nicht mit der Information hätte begnügen dürfen, dass das zulässige Gesamtgewicht von 40,00 t nicht über schritten war. Er hätte aufgrund seiner aktiven Prüfungspflicht vielmehr dafür Sorge tragen müssen, dass die Achslasten am Standort des Sattelzuges mit einer mobilen Achslastwaage festgestellt wurden, oder aber, falls eine solche Achslastwaage nicht zur Verfügung stand, dass die Ladung soweit verringert wurde, bis auch die Einhaltung der zu lässigen Achslasten „auf der sicheren Seite“ gewährleistet war.“


Den Einwand, dass die für eine Teilentladung und Umladung erforderliche
Ausrüstung am Standort des Sattelzuges nicht vorhanden gewesen sei, ließ das OLG nicht gelten.

 

Stattdessen führt es aus, „dass der Sattelzug mit der Überschreitung der für die Antriebsachse zulässigen Achslast (hier nach Toleranzabzug 12,925 t statt zulässiger 11,50 t) das Werksgelände der Firma nicht hätte verlassen dürfen. „

Das OLG vertritt dabei die Auffassung, dass die erforderliche Ausrüstung (ggf. Gabelstapler, zweiter Lkw) für eine Teilentladung und Umladung grundsätzlich in solchen Fällen an den Standort des Sattelzuges zu verbringen seien.

Zudem weist das OLG ausdrücklich darauf hin, dass beispielsweise die eichfähige mobile Achslastwaage des Typs Haenni WL 104 auch von Industrie- oder Transportunternehmen erworben und eingesetzt werden können.

Das OLG führt schließlich aus, dass sofern eine mobile Achslastwaage in dem Transportunternehmen nicht vorhanden sei, eine Reduzierung der Ladung bis zum Erreichen der „sicheren Seite“ erfolgen müsse und eine Unterladung hierbei in Kauf zu nehmen sei (mit Verweis auf OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2019, 323).

 

KOMMENTAR:

Eine Entscheidung, die zum einen verdeutlicht, dass auch die Überprüfung der höchtzulässigen Achslasten nach § 34 StVZO zu den wesentlichen Aufgaben des Fahrzeugführers nach §§ 23 und 22 StVO gehören, zum anderen noch einmal darlegt, wie der Fahrlässigkeitsvorwurf einer solchen Ordnungswidrigkeit zu beurteilen ist.

Die Entscheidung ist im Lichte zunehmender maroder Straßeninfrastruktur und auch zunehmender faktisch geduldeter - weil verhältnismäßig wenig kontrolliert - Überladungen im Straßengüterverkehr ein nicht unwesentliches Signal an alle Verlader, Frachtführer und sonstigen mit der Be- und Umladung von Lkw betrauten Personen.

Gesamtgewichte sind wichtig, vor allem Für Brückenbauwerke, aber die Einzelachslasten wirken sich enorm punktuell auf den Straßenkörper selbst aus, also die Fahrbahn und den Unterbau.

Denn auch hier wird noch einmal auch aus straßenrechtlicher Sicht deutlich hervorgehoben, dass jede nicht dem sog. „Gemeingebrauch“ entsprechende Nutzung des öffentlichen Straßenraumes „Sondernutzung“ darstellt und zwingend erlaubnispflichtig nach § 29 Absatz 3StVO ist.

Und dies aus gutem Grund:

Denn der erlaubnisfreie Gemeingebrauch orientiert sich unter anderem auch an den zulässigen Höchstgewichten, die dem Stand der Straßenbautechnik entsprechend, die Infrastruktur nicht überproportional beschädigen oder abnutzen.

An dieser Stelle sei daher noch einmal darauf hingewiesen, dass der Fahrzeugführer bzw. der Frachtführer nach Abschluss der Verladung überprüfen muss, ob die Verladung
die Betriebssicherheit des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt oder gefährdet, also auch, ob
nicht überladen worden ist,
– die zulässigen Maße (Länge, Breite, Höhe) gewahrt sind,
– eine über das Fahrzeug hinausragende Ladung genügend gesichert und
gekennzeichnet
ist und
– die lichten Maße von Brücken und Tunneldurchfahrten im Hinblick auf die
Höhe der Ladung berücksichtigt
worden sind.

Die betriebssichere Verladung gehört gem. §§ 22 und 23 StVO stets zur Aufgabe des Frachtführers bzw. des Fahrers (siehe auch hierzu auch § 412 HGB).

Der Hinweis des OLG mit Hinweis auch auf das OLG Frankfurt, dass „die Ladung ohne Hilfsmittel oder Verwiegemöglichkeiten so weit zu verringern sei, bis auch die Einhaltung der zu lässigen Achslasten „auf der sicheren Seite“ gewährleistet sei, ist meines Erachtens nicht uneingeschränkt praktikabel umsetzbar.

Aber was genau soll ein Fahrer, dem ggf. die Einzelgewichte seiner Ladungseinheiten bzw. einzelnen Paletten nicht bekannt sind, dann tun bzw. welche Ladeeinheiten soll er nicht laden, um letztlich nur „geschätzt oder nach seinem Gefühl“ unter Inkaufnahme von Vertragsstrafen die Gewichte einzuhalten?

Ist es nicht auch der Fahrer, der am geringsten verdienende in der Transportkette, welcher dann auch noch zur Verantwortung gezogen wird, wenn er, „um ganz sicher zu gehen“ und alles richtig machen möchte so weit von den Gesamtgewichten bzw. Achslasten abweicht, dass ein wesentlicher Teil der Ladung nicht befördert werden kann und dieser Fahrer dann wiederum zur Verantwortung gezogen würde?

Angesichts der Bußgeldhöhe drängt sich natürlich auch irgendwie die Frage auf, ob nicht besser ein gewisses Kontroll- und Bußgeldrisiko (121 €) einfach in Kauf genommen wird, welches außer Verhältnis steht zu den sicherlich rechtlich richtigen Einschätzungen und Handlungspflichten des OLG in seiner Entscheidung? andererseits ist der drohende Punkt in Flensburg nicht zu vernachlässigen, denn hier liegt das größere Problem. Zu viele sollten die Fahrer nicht sammeln.

Auch wären Kontrollbehörden gut beraten sich bei solchen Fällen den Halter bußgeldrechtlich vorzunehmen. Denn nach § 31 Absatz 2 StVZO darf der Halter die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass der Führer nicht zur selbstständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschriftsmäßig ist oder dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet.

Die Entscheidung sollte aber auch dazu anregen, sich im Unternehmen darum zu kümmern, ggf. mobile Achslastmessinstrumente zu beschaffen, Ladeeinheitswagen oder zukünftig Fahrzeuge mit Verwiegeeinrichtungen zu beschaffen, sofern sich der Unternehmensstandort nicht ggf. in unmittelbarer Nähe einer öffentlichen Verwiegestelle befindet.

Auf die Frage, ob eine Einzelentscheidung des OLG stets bindend ist, ist natürlich festzuhalten, dass diese zwar inter partes, also nur zwischen den Parteien gilt, jedoch im OLG-Bezirk mit gleichen Entscheidungen zu rechnen sein dürfte.

Ob aber auch andere OLGs in anderen Bundesländern einen solchen Fall ebenso sehen würden, ist eine andere Frage.

Eine Bindung anderer OLGs an diese Entscheidung besteht aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit gem. Art. 97 Absatz 1 GG grundsätzlich nicht. Zudem liegt kein Fall des § 121 GVG vor, da es sich hier um ein Rechtsbeschwerdeverfahren in OWi-Sachen handelt.

D.h. jedes andere OLG hätte in diesem Fall auch anders entscheiden können und kann dies in Zukunft auch. Ob dies bei den rechtlich zutreffenden Ausführungen der Fall wäre bleibt an dieser Stelle unbeantwortet. Wir bleiben wachsam und schauen, was die Zukunft bringen wird. Besonderes Augenmerk ist bei der Beladung bzw. der betriebssicheren Verladung durch den Frachtführer bzw. Fahrer geboten. Nicht nur auf die Gesamtgewichte ist zu achten, sondern insbesondere auch auf die einzelnen höchstzulässigen Achslasten gem. § 34 StVZO.

Lösung: Die Technik muss sich so verbessern, dass die bordeigenen Verwiegesysteme besser werden und “richtiger”.